
AGENDA 21 in der BAYERISCHEN SPORTJUGEND
Was heißt AGENDA?
Agenda stammt aus der lateinischen Sprache und bedeutet ins Deutsche übertragen:
"Was zu tun ist"
AGENDA 21 bedeutet schlicht: "Was für das 21. Jahrhundert zu tun ist."
Der Download als pdf-Datei: ---> AGENDA 21 in der BAYERISCHEN SPORTJUGEND
Die Agenda 21 ist eine Selbstverpflichtung von 178 Staaten der Erde. Sie will die Zusammenarbeit in den Bereichen von Umwelt und Entwicklung, welche auf dem Erdgipfel im Juni 1992 in Rio de Janeiro beschlossen wurde, fördern und unterstützen. Auf der Basis einer globalen Übereinstimmung in Grundfragen wollen diese Staaten für eine umweltgerechte, wirtschaftlich machbare und soziale Entwicklung und somit für ein lebens-, liebenswertes und zukunftsfähiges 21. Jahrhundert eintreten. Anfang der 90er Jahre wurde mehr und mehr klar, dass eine isolierte Betrachtung von ökologischen, sozialen und ökonomischen Gesichtspunkten zu keinem befriedigenden Ergebnis führen würde. Auf der UN-Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 entstand unter dem Motto "Global denken, lokal handeln" die Agenda 21.
Die Grundsatzziele der Agenda 21 sind:
- Es ist für die Deckung der Grundbedürfnisse aller Menschen zu sorgen.
- Die Verbesserung des Lebensstandards aller Menschen ist zu erreichen.
- Ein größerer Schutz der Ökosysteme ist einzuführen.
- Die bessere Bewirtschaftung der Ökosysteme ist zu erzielen.
Die Agenda 21 zielt auf eine künftige Entwicklung hin, die allen Menschen Chancengleichheit bietet und die Umwelt vor Ausbeutung und Zerstörung bewahrt.
Aus diesem Anspruch ergeben sich die drei Handlungsfelder:
- Ökologie - Ökonomie - Soziales
die als eine Einheit gesehen werden müssen.
D.h. erstens werden Probleme der Ökologie, Wirtschaft, Kultur, Politik sowie soziale Fragen zusammenhängend betrachtet und ihre Lösungen, wo möglich, miteinander verknüpft.
Zweitens werden sämtliche Entscheidungen bewusst am Prinzip der Nachhaltigkeit ausgerichtet.
Und drittens sollen möglichst viele Menschen ihre Zukunft in einer Lokalen Agenda 21 mitgestalten.
Was ist Nachhaltigkeit?
Der Brundtland-Bericht definiert Nachhaltigkeit als "dauerhafte Entwicklung, (...) die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnissen zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen."
Was hat Agenda 21 mit dem Sport zu tun?
Telefonieren mit Solarenergie und freier Stromverbrauch, satellitengesteuerte Düngerverteilung in der Landwirtschaft und Direktvermarktung ab Hof, Bürgerarbeit und Arbeitslosigkeit - die Globalisierung trägt ihre Folgen ins kleinste Dorf. Die Folgen sind neue Probleme, die eng miteinander verzahnt sind.
Aufgrund der breiten Fächerung sportlicher Aktivitäten greift der Sport fast in alle Bereiche und Systeme der Gesellschaft ein.
Sportlich genutzt werden nahezu alle Gewässertypen von Bächen bis zu den Meeren. Dabei werden Fließgewässer und stehende Binnengewässer durch Segeln, Surfen, Kanu fahren, Rudern, Paddeln etc. an vielen Stellen besonders intensiv genutzt.
Gleichfalls wird nahezu die gesamte Erdoberfläche in Anspruch genommen. Ob Berge (Skifahren, Bergsteigen, Wandern, etc.) oder das Binnenland (Radfahren, Joggen, Motorsport, etc.), SportlerInnen finden sich überall.
Selbst die Luft wird für sportliche Aktivitäten genutzt (Segel-, Motor-, Drachen- oder Gleitschirmfliegen, Fallschirmspringen, Ballon fahren, etc.).
Dabei wirkt sich das sportliche Tun nicht nur direkt auf die nähere Umgebung aus (Lärm, Unruhe, Erosion), sondern auch die geschaffenen Infrastrukturen beeinflussen direkt (Verkehrswege, Sportstätten) und indirekt (Ressourcenverbrauch) die nähere und weitere Umgebung.
So wie der Sport nahezu alle Lebensbereiche erreicht, so wird er von nahezu allen Bevölkerungsgruppen betrieben. Ob Männer oder Frauen, ob Alte oder Junge, ob Gesunde oder Kranke, ob Behinderte oder nicht Behinderte, ob in Entwicklungs- oder in Industrieländern; Sport treiben kann Jede und Jeder und fas überall.
Ganz im Sinne der Agenda 21 ist die Arbeit des Sports als nichtstaatliche Initiative zur Unterstützung eines dauerhaft umweltgerechten Umgangs der Menschen mit der natürlichen, sozialen und gebauten Umwelt von großer Bedeutung. Sie ist eine Möglichkeit, die Zusammenarbeit unterschiedlicher Interessengruppen auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene zu intensivieren.
Die Mitwirkung der Sportvereine auf kommunaler Ebene bietet die Möglichkeit, die Zukunft der Kommune aktiv - nach den Wünschen und Bedürfnissen der Bevölkerung und der Vereinsmitglieder - zu gestalten.
Warum soll die Agenda 21 in Sportvereinen umgesetzt werden?
Im Kapitel 27 der Agenda 21 wird die Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen (NRO) beschrieben. Die Partizipation soll sich auf internationale, regionale und subregionale Gruppen erstrecken. So richtet sich folgende Aufforderung folglich auch an Sportverbände und Sportvereine.
"Nichtregierungsorganisationen spielen eine entscheidende Rolle bei der Ausformung und Umsetzung einer teilhabenden Demokratie. Ihre Glaubwürdigkeit ist durch die verantwortliche und konstruktive Rolle begründet, die sie in der Gesellschaft spielen. Formelle und informelle Organisationen wie auch Basisgruppen sollen als Partner bei der Umsetzung der Agenda 21 anerkannt werden. Die unabhängige Rolle, die den nichtstaatlichen Organisationen innerhalb der Gesellschaft zukommt, verlangt nach einer echten Mitwirkung; deshalb ist Unabhängigkeit ein wesentliches Merkmal nichtstaatlicher Organisationen und eine Voraussetzung für wirkliche Partizipation."
Aus der zuvor beschriebenen breiten Verzahnung des Sports im ökologischen und sozialen Bereich drängt sich die Einbeziehung der Sportverbände und Sportvereine geradezu auf - soll der Agenda-Prozeß in Gang kommen.
Der Sport als größte Nichtregierungsorganisation mit seinen über 4 Millionen Mitgliedern in Bayern hat darüber hinaus auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Die MitgliederInnen von Sportvereinen repräsentieren einen Querschnitt der Bevölkerung und verfügen durch den hohen Organisationsgrad über viele Verbindungen zu weiten Teilen der Bevölkerung, zur Kommune und zur Wirtschaft. Sie sind deshalb ein wichtiger Baustein bei der Gestaltung einer nachhaltigen Gesellschaft.
Auch für einen eigenen Prozess im Sportverein sprechen viele Gründe. So können sich über die Beteiligung an den kommunalen Agenda-Prozessen die Rahmenbedingungen für die Sportverein verbessern, da Probleme wie Verkehrsanbindung ( Radwege), Baumassnahmen (Zuschüsse für ökologische Sanierungen), Jugendarbeit (Förderung von Angeboten für Kinder und Jugendliche), Frauen und vieles mehr in den jeweiligen Agenda-Gremien bearbeitet werden können.
Mögliche Zielvorstellungen bzw. Leitbilder können sein:
Zukunftsorientierte Vereins-/Verbandsentwicklung | Vorausschauende, bewusste Vereinsentwicklung auf der Grundlage eines Vereinsleitbildes mit Zielvorstellungen. Berücksichtigung der veränderten Sportinteressen und deren mögliche Folgen auf Vereinsangebote, Sportstätten, Strukturen oder die organisatorische Abwicklung |
Vereins-/Verbandsentwicklungsplanung | Der Vorstand fördert die Beteilung von interessierten Vereinsmitgliedern sowie Dritten zur Erarbeitung von Entwicklungsperspektiven von konkreten, zeitlich befristeten Einzelmaßnahmen |
Agenda 21 - Sportverein | Der Verein überprüft seine Entscheidungen mit den Vorgaben der Agenda und benennt/wählt einen Agenda 21 - Beauftragten |
Vereinssatzung | Der Verein überprüft seine Vereinssatzung und legt die Nachhaltigkeitsprinzipien der Agenda 21 in seiner Satzung fest |
Naturverträgliches Sporttreiben | Bewusstmachen von Zusammenhängen zwischen Störungen und Auswirkungen auf die Natur |
Völkerverständigung | SportlerInnen und SportlerInnenaustausch auf internationaler Ebene und Einbindung von AusländerInnen in die Vereine |
Mobilität | Förderung von Fahrgemeinschaften, Verringerung von Wegestrecken zu Wettkämpfen durch Veränderung der Zeiten und regionalen Zonen der Ligasysteme |
Bewusster Umgang mit Ressourcen | Verhaltensüberprüfung und Nutzung erneuerbarer Energiequellen bei Betrieb von Sportanlagen |
Konsequenter Einsatz umweltschonender Technik | Sanierung und Modernisierung der Sportanlagen |
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Bewegungsfreundliche Gemeinde / Stadt | Förderung von Sport- und Spielgelegenheiten im Stadtraum, Förderung des "Sportplatzes um die Ecke" |
Förderung der allgemeinen Gesundheit | Stärkerer Ausbau breitensportlicher und gesundheitsbezogener Angebote zur Reduzierung von Herz-Kreislauferkrankungen etc. |
Lärmminderung bei Sportanlagen | Einhalten von Verhaltensregeln und Lärmschutzmaßnahmen |
Langlebigkeit von Sportgeräten und Sportbekleidung | Intensive Pflege der Geräte und gezielter Kauf qualitativ guter Produkte |
Stärkere Beteiligung von Frauen an Führungsaufgaben in Sportvereinen | Aufstellen von Frauenförderungsplänen, Schaffung der Voraussetzungen zur Förderung von Chancengleichheit |
Fairness im Wettkampf | Ehrlichkeit der Aktiven bei unübersichtlichen Situationen im Sport |
Ächtung von Kinderarbeit | Gezielter Kauf von nicht in Kinderarbeit hergestellten Sportgeräten; Humanisierung des Kinderhochleistungssports |
Beispiele zu konkreten Vereinsaktivitäten und deren agendarelevanten Wirkungen
Maßnahme | Ökologische Dimension | Ökonomische Dimension | Soziale Dimension |
Entwicklung und Festlegung von Zielvorstellungen für den Sportverein | Einplanung ökologischer Sanierungen und Modernisierungen | Kostenreduzierung durch Einspareffekte | Einbezug neuer Gruppen in den Sportverein |
Berufung / Wahl eines Umwelt-Sportstätten und /oder Agenda-Beauftragten | Entscheidungen werden sachgerecht begleitet und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit überprüft | Bewusste Entscheidungen und grundlegende Überprüfung von Ausgabenentscheidungen | Übernahme von sozialer Verantwortung sowie Multiplikatorfunktion |
Umweltprüfung im Sportverein | Überprüfung von Sportgeräten, Büroeinrichtungen, Veranstaltungen auf ihre Umweltverträglichkeit und Umweltauswirkungen | Unterstützung der Herstellung umweltfreundlicher Produkte | Vorbildfunktion |
Umweltwettbewerbe | Umweltbildung Umweltanreize | Synergieeffekte aus dem Wett-bewerbsziel, Förder- und/oder Preisgelder | Motivation durch den Vergleich mit anderen Initiativen |
Umweltbildungsprogramme für Aktive und Führungskräfte | Steigerung des umweltverträglichen Handelns | Initiierung von Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen | Wissenserweiterung, Erlernen nachhaltigern Wirtschaftens |
Wassersparprogramme | Schonung der Trinkwasserressourcen | Senkung der Betriebskosten | Beispielwirkung für Bereiche außerhalb des Sports |
Regenwassernutzung | Vermeidung unnötiger Aufbereitungstechniken, Ersatz für Trinkwasserverbrauch | Einsparungen im Bereich der Wasserkosten | Beispielwirkung für Bereiche außerhalb des Sports |
Energiesparprogramme | Vermeidung von Emissionen (Kohlendioxid und Treibhauseffekt), Schutz der Energieressourcen | Kostenreduzierung | Verhaltensänderung auch außerhalb des Sports |
Nutzung der Sonnenwärme | Vermeidung von Emissionen, Schutz der Energieressourcen | Kostenreduzierung | Verhaltensänderung auch außerhalb des Sports |
Bau und Betrieb einer Windkraftanlage | Einsparung von Emissionen durch die Versorgung über alternative Energiequellen | Einspeisevergütung für den Überschussstrom | Attraktionspunkt für die Zuschauer, Vorbildwirkung des Sports |
Energiewirtschaftliche Optimierung der Gebäudetechnik | Schonender Umgang mit Rohstoffen | Kostenreduzierung | Aufträge für ortsansässige Handwerksfirmen |
Umnutzung und Umwidmung vorhandener Bausubstanzen für sportliche Zwecke | Schonung von Flächenressourcen | Schaffung von Beschäftigungsverhältnissen | Erhaltung des Stadtbildes und somit der Integration in die vorhandene sozialen Strukturen |
Sportarten und generationsübergreifende, familienfreundliche Sportplätze | Schaffung von Bewegungsangeboten | Umgestaltung vorhandener monofunktionaler Sportanlagen, Mehrfachnutzung | Integration aller Familienmitglieder in den aktiven Sport |
Frauenfreundliche Sportanlagen | Schaffung von Bewegungsangeboten | Neuwerbung von Mitgliedern | Sicherheit und Wohlbefinden wird gesteigert |
Innerstädtische Radwegebau | Ersetzen von motorisiertem Individualverkehr | Unfallrisiko und Umweltbelastungen werden reduziert | Zusammenspiel der unterschiedlichen Verkehrsmittel wird erleichtert, Erreichbarkeit von Zielen wird gesteigert |
Biotopentwicklung am Rande von ungedeckten Sportanlagen | Erhaltung von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen | Steigerung des Wertes und der Erlebnisqualität der Anlage | Steigerung des Wohlbefindens der Aktiven und der Zuschauer |
Umweltseiten in der Vereinszeitung/-Homepage | Verdeutlichung der Zusammenhänge von Sport und Umwelt | Verhaltensänderung der Aktiven und Sportvereinsmitglieder führt zu effektiveren Bewirtschaftungsformen, z.B. von vereinseigenen Anlagen | Identifikation mit dem Sportverein auch über den Sport hinaus |
Wohnumfeldnahe Sportstätten | Vermeidung verkehrsbedingter Umweltbelastungen | Verringerung der Wegekosten für Aktive | Entwicklung einer "gesunden" Stadtteil- und Sozialstruktur |
Müllsortiersysteme bei Großveranstaltungen | Verringerung des nicht verwertbaren Restmülls | Senkung der Entsorgungskosten | Lenkung des Konsumentenverhaltens auch außerhalb des Sports, Vorbildfunktion |
Stärkung des internationalen Jugendaustausches | Entwicklung "sanfter" Reiseformen | Unterstützung des jeweils örtlichen Fremdenverkehrs | Völkerverständigung, Erleben von friedlichem Zusammenleben |
Recyclingsysteme für Sportartikel zur Wieder- und Weiternutzung | Förderung der Kreislaufwirtschaft in der Sportartikelindustrie | Senkung des Ressourcenverbrauchs bei der Produktion | Schaffung von Arbeitsfeldern in der Recyclingindustrie |
Fairer Handel von Sportartikeln | Schonung von Energie- und Rohstoffressourcen durch zugrundeliegende einfache Herstellungsverfahren mit hohem Anteil an Handarbeit | Qualitätsverbesserung der Produkte | Unterstützung einer nachhaltigen Arbeitsplatzentwicklung im Herstellerland |
Literaturquellen:
Zukunftsorientierte Sportstättenentwicklung: Bd. 5 Agenda 21 und Sportvereine / Hrsg.: Hessische Landesanstalt für Umwelt / Landessportbund Hessen e.V. - Aachen: Meyer und Meyer 1999. ISBN 3-89124-572-6
Lokale AGENDA 21. Leitfaden für eine nachhaltige Bildungs- und Projektarbeit. Plankstettener Kreis c/o Ökologische Akademie e.V.. M. Saupe & Co. GmbH, München. Juli 2000.